Mittwoch, 12. August 2015

Amseln kennen kein Burn-out.

Stellen Sie sich eine Amsel vor, die bis zu Mittag im Bett liegen bleibt. Dann steht sie verschlafen und missmutig auf und wankt mit steifen Beinen an das Ende eines Astes, blinzelt in die hochstehende Sonne und denkt sich: "Scheiße, Singen muss ich auch noch! Ist das alles anstrengend hier!"
Was würden wir über so eine Amsel sagen? Sie muss wohl krank sein.
Wir Menschen leben manchmal leider genauso dahin.
Ohne Lust und Freude, verloren in Grübeleien und Sorgen.

Amseln jedoch kennen keine Depression, keine Verstimmungen und kein Burnout.
Wenn das erste Morgenlicht die Nacht vertreibt, wenn die Energien des neuen Tages anfangen zu wirbeln, singen sie mit hellwachen Augen, zu einhundert Prozent in der Gegenwart und voller Freude, mit ihrer ganzen Inbrunst ihr schönstes Lied.
Sie können nach Indien reisen und sich einem der letzten lebenden Meister nähern, oder Sie beobachten eine Amsel und lernen von ihr etwas über die Kunst des Lebens.
Eine Amsel ist immer im Hier und Jetzt. Sie kennt keine Sorgen, keine Ablenkung, keine Langeweile und keine angestauten Emotionen. Sie grübelt nicht. In jeder Sekunde ihres irdischen Daseins ist sie zu 100 Prozent lebendig. Das wofür die Zen Buddhisten täglich üben ist ihr natürlicher Zustand.
Sie könnten vielleicht einwenden. "Was weiß denn eine Amsel? Sie kennt keinen Mozart und keinen Puccini, sie lesen keinen Hesse und kennen keine Bibel. Sie verstehen nichts von Kultur.
Aber es ist doch so: Die Amsel ist ständig mit derselben Quelle in Verbindung die Mozart zu seinen Werken inspirierte. Jede Amsel ist, wenn sie so wollen ein Mozart, oder besser noch, jede Amsel ist das Originalgenie, das ganz authentisch aus der Fülle der Freude schöpft ohne zu kopieren und ohne zu bewerten. Die höchste Form der Kreativität, der Amsel ist sie zu eigen.
Amseln schreiben keine Melodien auf, um sie zu reproduzieren. Sie schöpfen ständig neu.
Alles was wir aus Büchern zu lernen versuchen wissen sie bereits. Hesses Siddharta, oder sein Steppenwolf mühen sich in jenes Sein zu gelangen, indem die Amseln leben. Alles was die Bibel uns zu lehren versucht leben Amseln einfach weil es ihre Natur ist. Zum Beispiel die Unsterblichkeit der Seele. Wenn man wie eine Amsel ausschließlich im Hier und Jetzt lebt, gibt es keine Zeit die vergeht und es gibt auch kein danach. Es gibt nur das immerwährende jetzt und damit auch kein Konzept des Todes. Das ist auch der Grund warum Amseln keine Uhren bauen. Sie denken nicht, dass Zeit etwas ist das vergeht...